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Geld - und seine soziale Hypothek

Ein Kommentar von Thomas Wallimann-Sasaki.

Erschienen im Treffpunkt Nr. 5/2012

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Ob es um Banken-, Eurokrise, Staatsverschuldung, Börse oder Managerlöhne geht, immer spielt die Grundsatzfrage – auch ethischer Natur – eine Rolle, welche Bedeutung Geld in unserer Gesellschaft hat.

Geld ist – wirtschaftlich gesehen – ein Tausch- und Zahlungsmittel. Älteste Formen gehen in die Zeit um 9000 v. Chr. zurück. Ein anerkanntes Tauschmittel hat den Vorteil, dass es gut transportierbar und teilbar ist, und zudem gut aufbewahrt werden kann. Diese Grundfunktionen des Geldes sind bis heute die gleichen: Man kann dank Geld tauschen und bezahlen; in Geldeinheiten lässt sich rechnen und «Werte» bemessen und schliesslich ermöglicht Geld in die Zukunft hinein zu planen, indem man Geld lagert oder eben spart. So ist Geld heute auch ein gesetzliches Zahlungsmittel (auch für Bussen und Gebühren) und doch so neutral, dass es das reibungslose Wirtschaften ermöglicht.

Doch mit dem Geld sind auch andere Dinge verbunden. Schon in vorchristlicher Zeit erkannten die Menschen, dass sich über den Zins mit Geld Geld verdienen lässt. Im Judentum wie im Christentum und Islam gab es daher Zinsverbote. Geld mit Geld zu verdienen widersprach der allgemeinen Auffassung, dass Geld mit Arbeit verdient werden sollte. Entscheidend ist es, die Grundausrichtung der (biblischen und christlichen) Gebote in die heutige Zeit zu übertragen: Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht umgekehrt! Hier nun lauert beim Geld eben auch eine nicht kleine Gefahr, denn Geld hat Eigenschaften, die wir in den Religinen in der Regel Gott zuschreiben: Geld ist unendlich. Mit Geld lässt sich ALLES bewerten. Geld kann man nicht entrinnen. Geld kann erlösend wirken und schliesslich gibt Geld das Gefühl von Freiheit und Macht – und auch Machbarkeit. Vielleicht ähneln sich darum auch die religiöse und die «geldliche» Sprache: Kredit und Credo; Gläubiger und Glaube; Erlös und Erlösung; Schulden und Schuld. Die Gefahr besteht also, dass tatsächlich um des Geldes willen Dinge getan werden und die Menschen aus dem Blickfeld verschwinden. Dieser Gefahr sind alle ausgeliefert, die mit Geld umgehen, doch wer mehr hat, kennt häufig auch die grössere Versuchung!

Die Katholische Soziallehre wie die christliche Sozialethik haben darum immer auch wieder darauf hingewiesen, dass Besitz und Eigentum – ob nun Geld oder Land – zum Teilen verpflichtet, eine «soziale Hypothek» trägt. Denn alles, was uns Menschen gehört, gehört letztlich Gott, und alles, was wir haben, hängt irgendwie mit andern Menschen zusammen. Dies führt dazu, dass wir aufpassen müssen, dass die Unterschiede zwischen Reich und Arm nicht zu gross werden und niemand auf Kosten anderer übermässig Vorteile hat bzw. Lasten tragen muss.